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Das OLG Stuttgart hat am 4.6.2008 (Az.: 3 U 236/07) ein Urteil erlassen :
Der Sachverständige R. hat in seinem mündlich erstatteten Gutachten ausgeführt, dass
Fahrzeuge, die mit einem Dieselpartikelfilter ausgestattet sind, nach dem derzeitigen Stand
der Technik für einen überwiegenden Kurzstreckeneinsatz nicht geeignet sind, weil für die
Regeneration des Partikelfilters eine erhöhte Abgastemperatur erforderlich sei.
Diese
Technologie werde nicht nur für Fahrzeuge des Herstellers 7 verwandt, sondern komme
auch bei Fahrzeugen anderer Hersteller wie VW oder Audi zum Einsatz, bei welchen
dieselben Probleme im Kurzstreckeneinsatz bekannt seien. Aktuell verfüge kein
Fahrzeughersteller über eine Lösung, welche den Dieselmotor mit Partikelfilter
uneingeschränkt als kurzstreckenfähig erscheinen lasse.
Daraus ergibt sich, dass der vom Kläger erworbene PKW zwar dem Stand der Technik
entspricht, wenn man als Vergleichsmaßstab lediglich Fahrzeuge der Firma 7 oder anderer
Hersteller heranzieht, welche ebenfalls mit einem Dieselpartikelfilter ausgestattet sind. Nach
Auffassung des Senats ist allerdings für die Beurteilung, ob ein Sachmangel nach den oben
dargestellten Kriterien anzunehmen ist, ein anderer Prüfmaßstab heranzuziehen und darauf
abzustellen, inwieweit Kraftfahrzeuge mit Dieselmotor generell für den überwiegenden
Kurzstreckenbetrieb geeignet sind. Danach bestehen keine Zweifel daran, dass ein
durchschnittlicher Verbraucher ohne weitere Hinweise seitens der
KfZ-Hersteller oder Händler davon ausgehen kann, dass ein Fahrzeug
mit Dieselmotor - ebenso wie ein solches mit Benzinmotor - grundsätzlich
ohne technische Probleme im Kurzstreckenbetrieb uneingeschränkt verwendbar ist.
Der Senat nimmt hierbei das Vorverständnis und den
Kenntnisstand seiner Mitglieder zum Maßstab, welche im Hinblick auf die technischen
Grundlagen der Dieselmotortechnik und der damit verbundenen technischen, wirtschaftlichen
und ökologischen Vor- und Nachteile gegenüber der Benzinmotortechnik dem
Erwartungshorizont eines durchschnittlichen, verständigen Fahrzeugkäufers entsprechen
dürften. Aus dieser Sicht handelt es sich bei dem Dieselmotor um eine bewährte und
verbreitete Antriebstechnik u.a. bei Kraftfahrzeugen. Beim Vergleich der Dieseltechnik mit
benzinbetriebenen Fahrzeugmotoren wird bisher vor allem auch auf wirtschaftliche Aspekte,
wie einen geringeren Kraftstoffverbrauch bei gleichzeitig günstigeren Kraftstoffkosten
(zumindest bis in die jüngste Vergangenheit), eine längeren Lebensdauer und Zuverlässigkeit
des Dieselmotors, allerdings auch auf die in der Regel höheren Anschaffungskosten als bei
Benzinmodellen, abgehoben. Diese Umstände haben auch Eingang in die Präsentation und
Bewerbung von Dieselmodellen durch die Autoindustrie gefunden.
Bei der Entscheidung, ob er ein Fahrzeug mit Diesel- oder Benzinmotor erwirbt,
spielt für einen Verbraucher - neben den motortechnischen Unterschieden - in erster Linie
der Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkt eine wesentliche Rolle. Allerdings ist in der öffentlichen
Diskussion der letzten Jahre vermehrt auch der ökologische Aspekt der Umweltbelastung
durch gegenüber Benzinmotoren erhöhten Partikelausstoß wie Dieselruß oder Feinstaub
herausgestellt worden, was zwischenzeitlich sogar zur Einrichtung von Umweltzonen in
Innenstädten und der Anordnung einzelner Fahrverbote für Dieselfahrzeuge in bestimmten
Gebieten geführt hat. Die Fahrzeugindustrie hat hierauf mit der Entwicklung von
Partikelfiltern reagiert, welche zwischenzeitlich von mehreren Herstellern angeboten werden.
Um Fahrbeschränkungen zu begegnen und einen Beitrag zum Umweltschutz zu leisten,
liegt es aus Sicht eines durchschnittlichen Verbrauchers damit nahe,
beim Erwerb eines Dieselfahrzeugs darauf zu achten, dass dieses mit einer
Partikelfiltertechnik ausgestattet ist. Nachdem bei Dieselfahrzeugen ohne
Partikelfilter keinerlei motorbedingten technischen Einschränkungen hinsichtlich des
Fahrbetriebs im Kurz oder Langstreckenverkehr bestehen, kann ein durchschnittlich
informierter Käufer ohne weitere Aufklärung nicht zu der Erkenntnis gelangen,
dass ein mit Partikelfilter ausgestattetes Neufahrzeug für einen
überwiegenden Einsatz im Kurzstreckenverkehr nicht mehr geeignet ist. Die durch das
Angebot eines Dieselpartikelfilters veränderte Erwartungshaltung eines durchschnittlichen
Käufers ist vielmehr darauf beschränkt, dass das von ihm erworbene Fahrzeug nur noch
einen reduzierten Schadstoffausstoß produziert. Die schwerwiegende Einschränkung, dass
ein bestimmtes Fahrverhalten, welches mit der herkömmlichen Dieselmotortechnik ohne
weiteres möglich war, aus technischen Gründen nicht mehr praktiziert werden kann, stellt
damit einen Sachmangel des Kraftfahrzeugs dar.
Darüber, dass mit Dieselpartikelfilter ausgestattete Fahrzeuge nach dem derzeitigen Stand
der Technik nicht kurzstreckentauglich sind, wurde der Kläger vor dem Erwerb des
Fahrzeuges unstreitig nicht aufgeklärt. Dass sich dies möglicherweise aus der
Betriebsanleitung ergibt, ist unerheblich, da diese dem Kläger erst nach Abschluss des
Vertrages übergeben wurde.
2. Zu Recht hat das Landgericht die übrigen Voraussetzungen eines Rücktrittsrechts des
Klägers bejaht.
Anmerkung: Das OLG hat die Revision zum BGH zugelassen.
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Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von »sessantanove« (24. Juli 2008, 17:30)
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Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von »kuame« (25. Juli 2008, 08:23)
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